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Lagebedingte Schädelasymmetrie- Plagiozephalie

Durch Aufliegen des schnell wachsendes Säuglingskopfes auf einer festen Unterlage kann es zu einer ein- oder beidseitigen Abflachung des Hinterkopfes kommen. Mit unserem Ratgeber möchten wir die Eltern aufklären und Präventions- und Therapieansätze geben.

Der Schädel ist in den ersten Lebensmonaten leicht verformbar. Durch das konstante Aufliegen des schnell wachsendes Kopfes auf einer festen Unterlage wird das Wachstum der Schädelknochen in Richtung Asymmetrie gelenkt: der aufliegende Hinterkopf flacht sich einseitig oder manchmal auch beidseitig ab, das Ohr auf der betroffenen Seite wird nach vorne „verschoben“, die Stirn auf dieser Seite ist „prominent“. Von den lagebedingten Schädelasymmetrien sind Deformierungen abzugrenzen, die bereits in der Schwangerschaft (beispielsweise durch einen Platzmangel in der Gebärmutter), unter der Geburt oder einen vorzeitigen Verschluss der Schädelnähte, insbesondere der Lambdanaht am Hinterkopf, entstanden sind.

Der Zusammenhang zwischen lagebedingten Schädeldeformitäten und motorischer Entwicklungsverzögerung sowie Kieferfehlstellungen wird kontrovers diskutiert. Die Studienlage zeigt jedoch, dass unter einer adäquaten Therapie langfristig eine günstige Prognose besteht. Es ist daher wichtig, dass Eltern bereits bei den ersten Vorsorgen (U2, U3) Ihres Kindes befragt werden, ob ihr Baby gleichmäßig, auch im Schlaf, in beide Richtungen schaut. Wenn die Eltern Auffälligkeiten bemerken, sollten sie Rat beim Kinderarzt suchen. Dabei werden krankhafte Ursachen der Asymmetrie i. d. R. ausgeschlossen und mit den Eltern entsprechende Präventions- oder Behandlungsmaßnahmen (gezielte Lagerung, ggf. Osteopathie oder Krankengymnastik) besprochen.

Vorbeugende Maßnahmen:

  • Kontaktaufnahme, Anbieten von Spielsachen und ggf. Flaschenfütterung abwechselnd und ausgewogen von beiden Seiten
  • Umgebung so gestalten, dass alle Reize (Licht, Geräusche, Stimmen) ausgewogen oder abwechselnd von beiden Seiten auf das Baby einwirken.
  • Drehen des Bettes oder des Babys im Bett um 180°
  • Tragen im Tragetuch.
  • Im Wachzustand häufiges Üben der Bauchlage unter Beobachtung
  • Lagerungskissen nur unter sehr strenger Indikation (gemäß der aktuellen Empfehlung zur Prophylaxe des plötzlichen Kindstodes: KEIN Kissen)

Bitte legen Sie Ihr Kind nachts nicht in eine mit Kissen oder Handtuchrollen gestützte Seitenlage! Dies kann zum einen die Hüftreifung beeinträchtigen und zum anderen kann Ihr Baby im Schlaf in die gefährliche Bauchlage kippen. 

Therapie:

Ist eine lagebedingte Schädelasymmetrie bereits entstanden, sollten die Eltern durch die oben genannten Maßnahmen die Kopfwendung zur ungeliebten Seite unterstützen. Bei ausbleibender Besserung wird der Kinderarzt je nach Ausprägung entscheiden, ob zusätzlich Krankengymnastik zur Beseitigung bestehender Bewegungseinschränkungen erforderlich ist. Sollte eine sehr ausgeprägte Asymmetrie trotz aller bereits genannter Maßnahmen über den 4. Lebensmonat hinaus bestehen, ist eine modellierende Kopforthese (so genannte Helmtherapie) in Erwägung zu ziehen. Das Tragen dieser Orthese für 23 Stunden täglich erlaubt das Wachstum in defizitären Bereichen und hemmt es in den prominenten Arealen. Die Kostenübernahme für diese Therapie durch die Krankenkasse ist jedoch ungewiss.

Die Sorge der Eltern vor einer lagerungsbedingten Schädelasymmetrie darf auf keinen Fall zu einer Missachtung der sinnvollen Empfehlung der Rückenlagerung zur Prophylaxe des plötzlichen Kindstodes führen!

Quelle: Dtsch Arztebl Int 2017; 114(31-32): 535-42; DOI: 10.3238/arztebl.2017.0535 | Linz, Christian; Kunz, Felix; Böhm, Hartmut; Schweitzer, Tilmann

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